Erfurt Steckbrief – Antike und Mittelalter

Erfurt ist die Hauptstadt und größte Stadt des Bundeslandes Thüringen, Mitteldeutschland. Sie liegt im südlichen Teil des Thüringer Beckens, innerhalb des breiten Tals des Flusses Gera. Sie befindet sich 100 km südwestlich von Leipzig, 300 km südwestlich von Berlin, 400 km nördlich von München und 250 km nordöstlich von Frankfurt. Zusammen mit einer Reihe von Nachbarstädten wie Gotha, Weimar und Jena bildet Erfurt den zentralen Ballungsraum Thüringens, die sogenannte Thüringer Städtekette, mit über 500.000 Einwohnern.
Die Erfurter Altstadt gehört zu den am besten erhaltenen mittelalterlichen Stadtkernen in Deutschland. Touristische Attraktionen sind die Krämerbrücke, die Alte Synagoge, das Ensemble von Erfurter Dom und Severikirche sowie die Zitadelle Petersberg, eine der größten und besterhaltenen Stadtfestungen Europas. Die Wirtschaft der Stadt basiert auf der Landwirtschaft, dem Gartenbau und der Mikroelektronik. Die zentrale Lage hat dazu geführt, dass sie zu einer logistischen Drehscheibe für Deutschland und Mitteleuropa geworden ist. Erfurt beherbergt die zweitgrößte Messe Ostdeutschlands (nach Leipzig) sowie den öffentlich-rechtlichen Kinderfernsehsender KiKa.

Die Stadt liegt an der Via Regia, einem mittelalterlichen Handels- und Pilgerstraßennetz. Das heutige Erfurt ist auch ein Knotenpunkt für ICE-Hochgeschwindigkeitszüge und andere deutsche und europäische Verkehrsnetze. Erfurt wurde erstmals 742 erwähnt, als der heilige Bonifatius das Bistum gründete. Obwohl die Stadt politisch zu keinem der thüringischen Staaten gehörte, entwickelte sie sich schnell zum wirtschaftlichen Zentrum der Region und war Mitglied der Hanse. Während des Heiligen Römischen Reiches gehörte sie zum Kurfürstentum Mainz und wurde 1802 Teil des Königreichs Preußen. Von 1949 bis 1990 war Erfurt Teil der Deutschen Demokratischen Republik (Ostdeutschland).
Die Universität Erfurt wurde 1379 gegründet und war damit die erste Universität auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Sie wurde 1816 geschlossen und 1994 neu gegründet. Der moderne Hauptcampus befindet sich auf dem Gelände einer ehemaligen Lehrerbildungsanstalt. Martin Luther (1483-1546) war ihr berühmtester Schüler, der dort ab 1501 studierte, bevor er 1505 ins Augustinerkloster eintrat. Weitere bekannte Erfurter sind der mittelalterliche Philosoph und Mystiker Meister Eckhart (um 1260-1328), der Barockkomponist Johann Pachelbel (1653-1706) und der Soziologe Max Weber (1864-1920).

Geschichte

Vorgeschichte und Antike

Erfurt ist eine alte germanische Siedlung. Die frühesten Zeugnisse menschlicher Besiedlung stammen aus der Vorgeschichte; archäologische Funde aus dem Norden Erfurts ergaben menschliche Spuren aus der Altsteinzeit, ca. 100.000 v. Chr..
Westlich von Erfurt, in Frienstedt, existierte in der Zeit nach Christus ein großes germanisches Dorf, das beim Bau einer Autobahn gefunden wurde. Dort entdeckte man auch das älteste jemals in Mitteldeutschland gefundene germanische Wort in Runenschrift auf einem Kamm aus einem Opferschacht das Wort: „kaba“. (gesprochen kamba wie Kamm (germnisches Wort für Kamm)) Aus der Römerzeit hingegen fand man 200 Münzen aus dem 3. Jahrhundert, dazu 150 römische Keramikfragmente und mehr als 200 Fibeln. Außerdem 11 Körpergräber der Haßleben-Leuna-Gruppe, die eine archäologische Kulturgruppe ist.
Die Melchendorfer Grabung im südlichen Stadtgebiet zeigte eine Siedlung aus der Jungsteinzeit. Die Thüringer besiedelten um 480 den Erfurter Raum und gaben um 500 Thüringen ihren Namen.

Mittelalter

Die Stadt wird erstmals 742 unter dem Namen „Erphesfurt“ erwähnt: In jenem Jahr schrieb der heilige Bonifatius an Papst Zacharias, um ihm mitzuteilen, dass er drei Bistümer in Mitteldeutschland errichtet habe, eines davon „an einem Ort namens Erphesfurt, der seit langer Zeit von heidnischen Eingeborenen bewohnt wird.“ Alle drei Diözesen (die beiden anderen waren Würzburg und Büraburg) wurden im nächsten Jahr von Zacharias bestätigt, wobei Erfurt 755 in das Bistum Mainz eingebracht wurde. Dass der Ort bereits bevölkert war, belegen archäologische Funde, darunter 23 Gräber und sechs Pferdebestattungen aus dem sechsten und siebten Jahrhundert. Das ganze Mittelalter hindurch war Erfurt wegen seiner Lage an einer Furt über die Gera eine wichtige Handelsstadt. Zusammen mit den anderen fünf thüringischen Waidstädten Gotha, Tennstedt, Arnstadt und Langensalza war sie das Zentrum des deutschen Waidhandels, der diese Städte sehr wohlhabend machte. Erfurt war Knotenpunkt wichtiger Handelswege: Die Via Regia war eine der meistbefahrenen Ost-West-Straßen zwischen Frankreich und Russland (über Frankfurt, Erfurt, Leipzig und Wrocław) und eine weitere Route in Nord-Süd-Richtung war die Verbindung zwischen den Ostseehäfen (z. B. Lübeck) und den potenten oberitalienischen Stadtstaaten wie Venedig und Mailand.

Im 10. und 11. Jahrhundert besaßen sowohl der Kaiser als auch das Kurfürstentum Mainz einige Privilegien in Erfurt. Die deutschen Könige besaßen ein bedeutendes Kloster auf dem Petersberg und die Mainzer Erzbischöfe erhoben Steuern von der Bevölkerung. Um 1100 wurden einige Bürger durch die Zahlung des jährlichen „Freizins“ (Befreiungssteuer) zu freien Bürgern, was einen ersten Schritt in die Unabhängigkeit der Stadt bedeutete. Im 12. Jahrhundert errichteten die Bürger als Zeichen zunehmender Unabhängigkeit eine Stadtmauer um Erfurt (im Bereich des heutigen Juri-Gagarin-Rings). Nach 1200 war die Selbstständigkeit erfüllt und 1217 wurde ein Stadtrat gegründet, 1275 wurde das Rathaus erbaut. In den folgenden Jahrzehnten erwarb der Rat ein Stadtgebiet um Erfurt, das in seiner Blütezeit aus fast 100 Dörfern und Burgen und sogar einer weiteren Kleinstadt (Sömmerda) bestand. Erfurt wurde zu einer wichtigen Regionalmacht zwischen der Landgrafschaft Thüringen ringsum, dem Kurfürstentum Mainz im Westen und dem Kurfürstentum Sachsen im Osten. Zwischen 1306 und 1481 war Erfurt mit den beiden anderen thüringischen Großstädten (Mühlhausen und Nordhausen) im Thüringer Städtebund verbündet und die drei Städte traten 1430 gemeinsam der Hanse bei. Ein Höhepunkt der wirtschaftlichen Entwicklung wurde im 15. Jahrhundert erreicht, als die Stadt mit 20.000 Einwohnern eine der größten in Deutschland war. Zwischen 1432 und 1446 wurde eine zweite und höhere Stadtmauer errichtet. Im Jahr 1483 wurde auf der Cyriaksburg im Südwesten der Stadt eine erste Stadtbefestigung errichtet.

Die jüdische Gemeinde von Erfurt wurde im 11. Jahrhundert gegründet und gehörte neben Mainz, Worms und Speyer zu den einflussreichsten in Deutschland. Ihre Alte Synagoge ist noch erhalten und heute ein Museum, ebenso die Mikwe an der Gera bei der Krämerbrücke. Im Jahr 1349, während der Welle der Judenverfolgungen durch den Schwarzen Tod in ganz Europa, wurden die Erfurter Juden zusammengetrieben, wobei mehr als 100 getötet und der Rest aus der Stadt vertrieben wurde. Vor der Verfolgung vergrub ein wohlhabender jüdischer Kaufmann sein Vermögen im Keller seines Hauses. Im Jahr 1998 wurde dieser Schatz bei Bauarbeiten gefunden. Der Erfurter Schatz mit verschiedenen Gold- und Silbergegenständen ist heute in der Ausstellung in der Synagoge zu sehen. Nur wenige Jahre nach 1349 zogen die Juden wieder nach Erfurt und gründeten eine zweite Gemeinde, die 1458 vom Rat der Stadt aufgelöst wurde.

Im Jahr 1379 wurde die Universität Erfurt gegründet. Zusammen mit der Universität Köln war sie eine der ersten Universitäten in städtischem Besitz in Deutschland, während sie sonst im Besitz der Landesherren waren. Einige Gebäude dieser alten Universität sind im „Lateinischen Viertel“ im nördlichen Stadtzentrum erhalten oder restauriert (wie das Collegium Maius, die Studentenwohnheime „Georgenburse“ und andere, das Krankenhaus und die Kirche der Universität). Die Universität wurde schnell zu einem Hotspot des deutschen Kulturlebens im Renaissance-Humanismus mit Gelehrten wie Ulrich von Hutten, Helius Eobanus Hessus und Justus Jonas.
Im Jahr 1184 war Erfurt Schauplatz eines bemerkenswerten Unglücks, des Erfurter Latrinensturzes. König Heinrich VI. hielt in einem Gebäude des Erfurter Doms Rat, um zwischen zwei seiner Vasallen, Erzbischof Konrad I. von Mainz und Landgraf Ludwig III. von Thüringen, Frieden zu verhandeln. Das angehäufte Gewicht aller versammelten Männer erwies sich als zu schwer für den Boden, der daraufhin einstürzte. Nach zeitgenössischen Berichten stürzten Dutzende von Menschen in die darunter liegende Latrinengrube zu Tode. Ludwig III., Konrad I. und Heinrich VI. überlebten die Angelegenheit.

Quelle: Wiki

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